KÖHLER: Emissionsrechtehandel ist das effektivste und kostengünstigste System

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Lukas Köhler gab der „Magdeburger Volksstimme“ (Mittwochsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Jens Schmidt.

Frage: Herr Köhler, wird der CO2-Emissionsrechtehandel für Gebäude und Verkehr in Deutschland von 2027 auf 2024 vorgezogen?

Köhler: Wir streben das an. Ich bin zuversichtlich, dass wir das möglichst 2024 oder 2025 hinbekommen. Es ist noch fraglich, ob die SPD mitzieht, die Grünen scheinen mir dafür offener zu sein. Aber spätestens 2026 müssten wir ohnehin ein Gesetz vorlegen. Viele Wissenschaftler sagen uns, dass der Emissionsrechtehandel das effektivste und kostengünstigste System ist, um den Ausstoß von CO2 zu begrenzen. Zudem bekommt CO2 einen Marktpreis, sodass die Haushalte einen Anreiz haben, sich allmählich auf klimaschonende Heizungen und Autos umzustellen. Dies ist jedenfalls besser, als alles kleinteilig über Verbote zu regeln.

Frage: Können mit dem Emissionsrechtehandel sämtliche staatliche Vorgaben und Verbote im neuen Heizungsgesetz entfallen?

Köhler: Es wäre schön, wenn das so wäre. Ginge es nach der FDP und hätten wir noch 20 Jahre mehr Zeit, würden wir das rein marktwirtschaftlich und ohne Verbote regeln. Aber unsere Koalitionspartner wollen nicht zu viel Markt; zudem hatten wir uns im Koalitionsvertrag zu der 65-Prozent-Regel bekannt. Außerdem könnte das angesichts der knappen Zeit auch zu sehr stark steigenden CO2-Preisen führen. Meiner Meinung nach hätten die Sektoren Gebäude und Verkehr schon 2005 in den Emissionshandel aufgenommen werden müssen –  so, wie das mit der Industrie seit 2005 in der EU der Fall ist; dann wären uns sicherlich viele staatliche Vorschriften erspart geblieben. Ich denke, nun werden wir einen Mix aus marktwirtschaftlichen, ordnungsrechtlichen und finanziellen Förderinstrumenten bekommen. Der Emissionshandel sollte aber im Mittelpunkt stehen und alles andere klug darauf abgestimmt werden.

Frage: Steigende CO2-Preise werden schnell spürbar. 65 Euro pro Tonne bedeuten 15 Cent netto für einen Liter Benzin. Muss der Staat dann wieder auf die Preisbremse treten – indem er etwa die Mineralölsteuer senkt?

Köhler: Wir sollten den CO2-Preis schon wirken lassen, auch wenn die Abschaffung der Mineralölsteuer langfristig sinnvoll wäre, weil sie im Gegensatz zum CO2-Preis auch klimaneutrale Kraftstoffe verteuert. Für den sozialen Ausgleich gibt es aber eine andere Idee: das Klimageld. Dabei zahlt der Staat aus den Einnahmen des Emissionsrechtehandels an alle Bürger eine Pauschale. Jeder bekommt dieselbe Summe. Das hilft vor allem Familien mit kleineren Einkommen.

Frage: Wie stark wird der CO2-Preis steigen? Manche Institute prophezeien 200 bis 300 Euro je Tonne in den 30er Jahren.

Köhler: In einem marktwirtschaftlichen System sind Preise nie genau vorherzusagen. Aber Preise über 200 Euro schon in den 30er Jahren halte ich für überzogen. Diese würden wir nur dann bekommen, wenn wir ansonsten nichts unternehmen würden – aber das passiert ja nicht. Wir werden den Umbau unserer Heizungen und unserer Fahrzeugflotte staatlich fördern. Außerdem: Sollte der CO2-Preis unerwartet nach oben schießen, kann der Staat gegensteuern, indem er – in begrenztem Maße – mehr Emissionsrechte in den Markt gibt. Fällt der Preis hingegen zu stark, kann er später Emissionsrechte vom Markt nehmen und auch löschen.

Frage: Kritiker sagen, Privathaushalte können schlecht abschätzen, wie sich der CO2-Preis entwickelt und wie sie planen sollen: Heizung drosseln, dämmen oder gleich eine neue Heizung kaufen?

Köhler: Die Leute sind klüger, als das mancher denkt. Wichtig ist, dass wir den Menschen genau erklären, was auf sie zukommt. Und dazu gehören auch gute Energieberater, die einen individuell abgestimmten Investitionsfahrplan entwickeln.

Frage: Man hört immer wieder: Grüne Gase – wie etwas Wasserstoff – seien der „Champagner“ der Energiewende, aufwändig in der Herstellung und fürs Heizen viel zu schade und zu teuer. Stirbt das deutsche Gasnetz und heizen wir künftig nur noch mit Strom?

Köhler: Die Idee der flächendeckenden Elektrifizierung halte ich für Wahnsinn. Ich bin mir sicher, dass sich sehr schnell ein Weltmarkt für klimaneutralen Wasserstoff mit bezahlbaren Preisen entwickeln wird. Wasserstoff wird nicht der „Champagner“ – er wird künftig eher zum „Sprudelwasser“ der Energiewende. Daher sind wir klar für Technologieoffenheit. Wir halten es für sehr realistisch, dass ein Teil der Haushalte künftig mit Wasserstoff heizen wird.

Frage: Haushalte, die auch daran glauben und gern am Gasnetz bleiben wollen, brauchen aber Zusagen von ihren Gemeinden.

Köhler: Ja, eine kommunale Wärmeplanung muss vorliegen: Gemeinden müssen in den kommen Jahren sagen, ob sie das Gasnetz behalten und auf Wasserstoff umrüsten wollen oder nicht. Das darf der Bund ihnen nicht vorschreiben – das liegt kommunaler Hoheit.

Frage: Wir das neue Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause beschlossen?

Köhler: Entscheidend ist, dass wir ein gutes Gesetz bekommen. Alles Weitere wird sich zeigen.